10 Wochen - 10 Werke #1: Béla Bartók - Klavierquintett
10 Wochen - 10 Werke
Am Do., 5. Juli eröffnet das 37. Kammermusikfest Lockenhaus, das Nicolas Altstaedt heuer unter den Titel "Creatio" gestellt hat.
In den verbleibenden 10 Wochen präsentieren wir Ihnen 10 Werke, die während des Festivals erklingen werden.
Programm in Lockenhaus ist seit jeher, dass vorab keine Programme fixiert sind, sondern diese vor Ort entstehen. Dennoch hat Nicolas Altstaedt sein Konzept für das Festival 2018 "Creatio" natürlich vorab programmiert.
Damit Sie sich auf das Kammermusikfest 2018 (5.-14.7.2018) schon jetzt einstimmen können, möchten wir Ihnen gemeinsam mit unserer Programmredakteurin Dr. Miriam Weiss in den 10 verbleibenden Wochen 10 exemplarische Werke vorstellen, die Sie auf jeden Fall während des Festivals in Probe und Konzert erleben können. So wird beim Eröffnungskonzert in der Pfarrkirche Lockenhaus unter anderem das monumentale Klavierquintett von Béla Bartók zu hören sein, eines der spannendsten Werke für diese Besetzung:
Eröffnungskonzert Do., 5. Juli, 19:30 Uhr - Pfarrkirche Lockenhaus
Vilde Frang & Barnabas Kelemen, Violinen
Katalin Kokás, Viola
Nicolas Altstaedt, Violoncello
Alexander Lonquich, Klavier
Karten: Tel: +43 (0)2616 20202 oder online >>>
Ein Komponist am Scheideweg – Béla Bartóks Klavierquintett
„Koyaanisqatsi“ – Die Welt aus den Fugen: Im Eröffnungskonzert des diesjährigen Kammermusikfestes wird man die Musik eines Komponisten erleben, der auf der Suche ist. Die altbekannten Pfade noch nicht ganz verlassend, wagt er bereits einen Blick in neue, noch unerforschte Klangregionen.
Während seines Klavier- und Kompositionsstudiums am Budapester Konservatorium von 1899 bis 1903 konnte niemand ahnen, dass aus dem hochbegabten Pianisten Béla Bartók einmal einer der größten Tonschöpfer des 20. Jahrhunderts werden sollte. Der Brahms-Schüler Hans Koessler unterwies ihn in Komposition und im Studium der Partituren von Wagner und Liszt, war ihm aber für seine künstlerische Entwicklung keine große Hilfe. „Infolgedessen arbeitete ich etwa zwei Jahre hindurch beinahe gar nichts und galt eigentlich in der Musikakademie nur als brillanter Klavierspieler“, schrieb Bartók später ernüchtert über seine Studienzeit. Einen Ausweg aus der Orientierungslosigkeit versprach zunächst die Hinwendung zum national-ungarischen Idiom – überhaupt gab sich Bartók damals als leidenschaftlicher Anhänger des Magyarentums –; weiterhin war er seit dem Besuch einer „Zarathustra“-Aufführung im Jahr 1902 ein glühender Verehrer von Richard Strauss.
Der frischgebackene Absolvent bewegte sich also gleich mehrfach auf unsicherem Terrain: Sollte er den wesentlich mehr Erfolg versprechenden Weg einer Pianistenkarriere einschlagen oder sich doch als Komponist versuchen? Letzteres erschien umso schwieriger, als er zunächst aus dem Dunstkreis der Vorbilder – Brahms, Liszt, Strauss – heraustreten musste, um mit eigener Stimme gehört zu werden. Schon bald jedoch konnte Bartók mit der symphonischen Dichtung „Kossuth“ (1903), deren Musik von der Geschichte des Nationalhelden Lajos Kossuth inspiriert ist, einen großen Erfolg verzeichnen.
Im Schatten dieses sich klar zum Patriotismus bekennenden Werkes stand sein etwa gleichzeitig entstandenes Klavierquintett (1903/04). Es bewegt sich im stilistischen Spannungsfeld zwischen der übermächtigen deutschen Musiktradition des 19. Jahrhunderts und der Moderne mit Richard Strauss als ihrem Repräsentanten einerseits und der Anbindung an die Emanzipationsbewegung Ungarns andererseits, die ihren Niederschlag in der volkstümlichen Kunstmusik fand. Opulent und prächtig im Tonfall schwebt der Geist der Romantik über diesem Werk und dennoch irritieren so manch harmonische Kühnheit, einige ungewöhnliche Rhythmen und auch die bis zum Bersten gespannte Tonalität des dunkel-hintergründigen Adagio-Satzes. Melodik und perkussive Härte des Finales weisen bereits auf die Rezeption der Bauernmusik voraus, die wenig später zu einer fundamentalen Konstante von Bartóks hochindividualisierter Tonsprache werden sollte.
Miriam Weiss