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10 Wochen - 10 Werke #2: Schuberts letzte Klaviersonaten & Alfred Brendel

10 Wochen - 10 Werke #2: Schuberts letzte Klaviersonaten & Alfred Brendel

Alfred Brendel ist nicht zuletzt für seine Schubert-Interpretationen legendär. Brendels bislang einziger Auftritt in Lockenhaus liegt fast 30 Jahre zurück: gemeinsam mit Dietrich Fischer-Dieskau interpretierte er am 2. Juli 1989 Franz Schuberts „Winterreise“. 

Umso mehr freuen wir uns, dass Alfred Brendel die Einladung Nicolas Altstaedts nach Lockenhaus angenommen hat, um beim Kammermusikfest 2018 vom Klavier aus seinen unermesslichen Erfahrungsschatz in 2 Lectures über den Kosmos der 3 letzten Klaviersonaten von Franz Schubert sowie das „Mozart-spielen“ zu präsentieren und Beethovens Klaviersonate op. 90 in einer Masterclass zu unterrichten.

Die 3 letzten Klaviersonaten von Franz Schubert werden im Rahmen des Festivals interpretiert von Alexander Lonquich und Herbert Schuch zu hören sein. 

Fr., 6.7.18, 22:00 Uhr, Kirche
Franz Schubert: Sonate c-moll D958
Alexander Lonquich, Klavier
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Sa., 7.7.18, 16:00 Uhr, Burg
Alfred Brendel: "Schuberts letzte Sonaten"
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Sa., 7.7.18, 22:00 Uhr, Kirche
Franz Schubert: Sonate A-Dur D959
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So., 8.7.18, 18:00 Uhr, Burg
Alfred Brendel: "Mozart spielen"
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Mo., 9.7.18, 16:00 Uhr, Burg
Alfred Brendel: Masterclass: Beethoven Sonate op. 90, Herbert Schuch, Klavier
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Mo., 9.7.18, 16:00 Uhr, Burg
Franz Schubert: Sonate B-Dur D960
Herbert Schuch, Klavier
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Programmredakteurin Dr. Miriam Weiss über die letzten Sonaten von Franz Schubert:

Prominent verkannt – Drei letzte Klaviersonaten von Franz Schubert
Drei Sonaten, drei Kopfsätze: Mit schmerzhaft hämmernden Akkorden holt der erste aus zur dramatischen Geste (D 958), der zweite sucht zwischen forschem Choral und verspielten Triolengirlanden seine Gestalt (D 959) und der dritte stimmt ein versonnenes Thema an, das auf eine fließende Achtelbegleitung weich gebettet wird (D 960). Es sind dies Werke, die Robert Schumann Kopfzerbrechen bereiteten. „Merkwürdig genug“ bezeichnete er die letzten drei Klaviersonaten Franz Schuberts in einem am 5. Juni 1838 in der „Neuen Zeitschrift für Musik“ publizierten Artikel. Offensichtlich enttäuscht fuhr er fort: „[...] so scheinen mir diese Sonaten auffallend anders als seine anderen, namentlich durch eine viel größere Einfalt der Ersinnung, durch freiwilliges Resignieren auf glänzende Neuheit, wo er sich sonst so hohe Ansprüche stellt, durch Ausspinnung von gewissen allgemeinen musikalischen Gedanken, anstatt er sonst Periode auf Periode neue Fäden verknüpft.“ Als Grund für die so bezeichnete „Einfalt“ vermutete Schumann die starke Vereinnahmung Schuberts durch dessen Krankheit.

Die Arbeit an den „Grandes Sonates“ datiert die Forschung auf den Zeitraum zwischen Mai und September 1828, wobei die Kompositionsentwürfe nicht eine chronologische, sondern eine zeitgleiche Entstehung nahelegen. Schubert hatte eine Publikation als Dreiersammlung im Sinn und wollte diese, wie er gegenüber seinem Leipziger Verleger Heinrich A. Probst erwähnte, Johann Nepomuk Hummel widmen. Die Verbundenheit der drei Werke untereinander reicht bis in die substantielle Tiefe des Materials. Alfred Brendel, der in seinem Buch „Musik beim Wort genommen“ eine erhellende Zusammenschau dieser Bezüge formuliert hat, spricht dabei vom „Familienbesitz ihrer Tonfolgen und Tonräume“. Dem Anfang der c-Moll-Sonate D 958 weist er dabei eine Schlüsselfunktion zu: „Dieses Thema, in seinem Tonumfang weit gespannt, in seinen Konturen schroff aufgesplittert, ist gleichsam der Steinbruch, der die meisten Bausteine der Trias enthält.“

Genauso eklatant erscheint die Verschwisterung des nervös leidenschaftlichen Anfangs von D 958 mit dem Thema der c-Moll-Variationen WoO 80 von Ludwig van Beethoven. Die Referenz auf den gerade eineinhalb Jahre zuvor verstorbenen Kollegen – innerhalb der Sonatentrias soll es nicht die einzige bleiben – bedeutete für Schubert Fluch und Segen zugleich. Ständig sah er sich mit der Frage konfrontiert, wie man nach Beethoven überhaupt noch Klaviersonaten komponieren könne. Sein eigenständiger Weg in die Gattung war steinig, doch er fand ihn: „Schubert hat, bei aller Bewunderung, von Beethoven vor allem gelernt, sich von ihm zu unterscheiden“, so Brendel in seinem Essay. Ganz praktisch plagten Schubert Formprobleme mit dem für die Sonate prädestinierten Formmodell, dem Sonatensatz. Dieser weist eine stark am musikalischen Prozess orientierte Struktur auf und unterscheidet sich damit grundlegend von der geschlossenen Liedform, die Schubert so traumwandlerisch sicher beherrschte. Während die Kopfsätze mancher Beethovenscher Sonaten bei Interpreten wie Zuhörern beinahe das Gefühl entstehen lassen, beim „Akt“ des Komponierens – dem Suchen, Verwerfen, Kombinieren oder Gegenüberstellen von Motiven und Themen – unmittelbar dabei zu sein und der Notentext genau diesen Prozess zu dokumentieren scheint, wirken Schuberts Sonatensätze in ihren einzelnen Abschnitten oft geschlossener und dadurch auch unabhängiger voneinander. Dass sich dabei lediglich Thema an Thema aneinanderreiht, ist freilich ein weit verbreitetes Missverständnis. Allerdings verfährt Schubert mit der „Verarbeitung“ seines Materials oft so subtil, dass sich Entwicklung und Konflikt dem Ohr nicht immer unmittelbar mitteilen.

Dies mag auch dem großen Schumann – man möge ihm verzeihen – verborgen geblieben sein. Das Werk eines sein Lebensende vorausahnenden „Einfaltspinsels“ sind die „Grandes Sonates“ sicher nicht; vielmehr zählen sie zum Großartigsten, was die Gattung Klaviersonate je hervorgebracht hat.

Miriam Weiss

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